Audience Participation Lab

Labor zur Entwicklung digitaler Tools zur Publikumsbeteiligung

Ein Stück, das nur mit der aktiven Teilnahme des Publikums stattfinden kann: Im Rahmen des Medienkunstfellowships vom Medienwerk NRW haben wir zusammen mit Lisa Passing im Audience Participation Lab digitale Tools entwickelt, die Theater und Computerspiele miteinander verbindet und verschiedene Methoden der Partizipation ermöglichen.

Die Pandemie war eine Zeit, in der neue digitale Praktiken entwickelt wurden. Interaktivität und eine aktive Einflussnahme des Publikums bekamen eine ganz neue Bedeutung in Performances, die plötzlich nicht mehr im Theaterraum, sondern vor dem Bildschirm stattfanden. Innerhalb von normalen Produktionsprozessen ist meist wenig Zeit, um nach neuen Tools der Beteiligung zu suchen, diese zu entwickeln und auszuprobieren. Im Rahmen des Medienkunstfellowships konnten wir zusammen mit Kreativtechnologin Lisa Passing aus Berlin genau nach genau diesen Mechanismen suchen. Wir haben viele verschiedene Sensoren ausprobiert, Seifenblaseneinhörner durch Berührung Seifenblasen produzieren lassen, Nebelmaschinen über Instrumente gesteuert, elektrische Wellen gemessen, Licht und Ton über Körperwärme gesteuert, mit Hilfe von Licht Tracks in der DAW abgefeuert. Wir haben uns gefragt, was verschiedene Modelle der Partizipation für das Publikum aber auch für die dadurch gesteuerte Performance bedeuten: Soll eine einzelne Person entscheiden oder das Publikum gemeinsam? Passieren die Entscheidungen direkt, zum Beispiel durch Absprachen, das Drücken von Knöpfen, ganz genaue Input = Output Mechanismen? Oder indirekt, durch das Messen von Lautstärke, Sauerstoffgehalt, Temperatur etc? Und was wird gesteuert? Die Abläufe auf der Bühne, die Performer:innen, die Geschichte? Oder eher indirekt das Geschehen beeinflussende Elemente wie zum Beispiel Licht und Ton oder Nebel, also eher Elemente, die eine Atmosphäre auf der Bühne schaffen? Und in welcher Zeitlichkeit findet die Beteiligung statt? Also, gleichzeitig zur Performance, oder versetzt, also zum Beispiel davor oder danach?

Das Beteiligungskonzept unserer Produktionen ghostlike und trolllike wurde auf dieser Basis entwickelt. ghostlike ist vom Genre der sogenannten Rogue-like-Spiele, einer Untergruppe von Computer-Rollenspielen, beeinflusst. Die Bezeichnung beruht auf dem Rollenspiel Rogue aus dem Jahr 1980, bei dem, aufgebaut aus verschiedenen Levels, ein Amulett in einem von Monstern bevölkerten Verlies gefunden werden muss. In der Produktion spielen die Zuschauer:innen mithilfe von Taschenlampen kleine Mini-Games. Hierfür müssen sie, um die Games zu lösen und weitere Räume und Elemente der Geschichte freizuschalten, im Bühnenraum angebrachte Lichtsensoren aktivieren. Werden diese Mini-Games verloren, fängt die Performance wieder von vorne an, werden Teile der Story nicht erzählt und einige Geister werden nicht getroffen.

Im Rahmen von trolllike verlagerten wir die Publikumsbeteiligung in eine andere Zeitlichkeit: Sie kann vom Publikum individuell nach Interesse und Zeit passieren. Für trolllike haben wir zusammen mit Lisa Passing eine Internetseite entwickelt, welche unseren Rechercheprozess auf der Suche nach Trolling und Trollen nachzeichnet. Auf der Internetseite www.trolllike.de sind Artikel, Podcasts, Videos, Bilder und Texte verlinkt und online gestellt, welche viele Hintergrundinformationen, wissenschaftliche Artikel und sehr viel umfassendere Informationen (ohne Anspruch auf Neutralität und Vollständigkeit) zum Thema der Performance versammelt, als es eine 60minütige Performance vermitteln kann. Diese Plattform dient als Grundlage für eine weitere Auseinandersetzung mit dem Thema, kann aber genauso zur Vor- und Nachbereitung als Teil der Vermittlung dienen. Die Seite selbst ist als 3D-Umgebung angelegt, welche landschaftlich an Computerspiele und Natur erinnert. Die Nutzer:innen können diese 3D-Umgebung durchschreiten. Darüber hinaus ist die Seite über Projektionen und Video Teil des Bühnenbildes und des Live-Theater-Momentes und wird live während der Performance durchschritten und durchsucht und wird so eine Erweiterung des Bühnenraums ins Internet und anders herum.

Ihr wollt noch mehr wissen? Dann hört doch mal hier in den Podcast „Behind the screens, behind the scenes“ rein, da reden Lisa und Maren mit Sophie Emilie Beha über die Entwicklung der verschiedenen Methoden und geben Insights in Herausforderungen und Stolpersteine bei der Verbindung von Gaming und Theater. Zu hören auf der Seite des Medienwerks oder auf Spotify oder direkt hier:

Dokumentation 21st century hauntings, (c) Malin Dorn

Die Premiere zu ghostlike fand am 25. Februar 2023 in Düsseldorf statt.

Die Premiere zu trolllike fand am 7. Dezember 2023 in Düsseldorf statt. 

Weitere Termine: 

trolllike: 29.05.2024, 10.00 Uhr
& 30.05.2024, 19.30 Uhr, Theaterrevier Schauspielhaus Bochum

Gefördert vom

Ministerium für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen